» Was ist Sichelzellkrankheit?
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Die Sichelzellkrankheit ist eine Erbkrankheit, bei der die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) eine sichelähnliche Form annehmen können. Ursache ist ein verändertes Gen, das für die Bildung des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) wichtig ist. Das kann zu einer Vielzahl an Komplikationen führen.
Die roten Blutkörperchen sind Donut-artig verformbare und elastische Zellen, in denen sich der rote Blutfarbstoff (Hämoglobin) befindet. Sie sind dafür verantwortlich, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Aufgenommen wird der Sauerstoff über die Lunge und wird dann durch die Blutgefäße in alle Gewebe des Körpers transportiert. Bei Menschen mit Sichelzellkrankheit ist mehr als die Hälfte des Hämoglobins verändert, man nennt es Sichelzell-Hämoglobin (HbS).1–5 Ist der Blutfarbstoff verändert, führt dies zur Kettenbildung und sichelförmigen Verformung der roten Blutkörperchen.Aus dem veränderten roten Blutfarbstoff (Hämoglobin S) können sich lange Ketten bilden. Das sind die Blutfarbstoff-Ketten. Durch diese Ketten verändern sich die roten Blutkörperchen und werden geschädigt: Sie werden sichelförmig. Diese verformten Blutkörperchen (Sichelzellen) leben nicht so lange wie gesunde rote Blutkörperchen.6 Das kann dazu führen, dass nicht genug rote Blutkörperchen im Blut sind, um den Körper ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.7 Die anhaltende Hämolyse der Sichelzellen kann chronische Entzündungen in den Gefäßen verursachen.8 Wenn die Gewebe und Organe zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe erhalten, kann das Schädigungen zur Folge haben.6
Häufig wird der Begriff „Sichelzellanämie“ verwendet. Dieser Begriff verdeutlicht jedoch nicht die Gesamtheit der Krankheit. Denn er bezieht sich nur auf die Blutarmut, die Anämie. Sie ist Folge der verkürzten Lebenszeit der zu Sichelzellen veränderten roten Blutkörperchen. Doch die Sichelzellkrankheit ist mehr als das. Typisch für die Krankheit sind auch die durch die verklumpten Sichelzellen verursachten Gefäßverschlüsse.
Bei der Sichelzellkrankheit beginnt alles damit, dass sich in den roten Blutkörperchen Sichelzell-Hämoglobine zu langen Ketten aneinanderlagern. Was das mit den roten Blutkörperchen macht und welche Folgen dies für den Körper hat, erklärt das Video.
Bei der Sichelzellkrankheit ist ein Gen verändert, welches für die Bildung eines Bestandteils des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) notwendig ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Punktmutation, da nur eine einzige Stelle im Gen anders ist als beim gesunden Gen.1 Das veränderte Gen wird als Sichelzell-Gen und das veränderte Hämoglobin als Hämoglobin S (HbS) bezeichnet. Wenn im menschlichen Körper mehr als die Hälfte des Gesamt-Hämoglobins
verändert ist, kommt es zur Sichelzellkrankheit.3
Die Sichelzellkrankheit ist eine Erbkrankheit und bricht in der Regel nur dann aus, wenn zwei Sichelzell-Gene vorliegen. Es kann jedoch auch vorkommen, dass ein Sichelzell-Gen vorliegt sowie ein weiteres krankhaft verändertes Gen (z. B. HbC oder Beta-Thalassämie). Trotzdem spricht man auch in diesem Fall von einer Sichelzellkrankheit. Von jedem der beiden Elternteile muss je ein verändertes Gen an die Kinder weitergegeben werden, damit die Krankheit auftritt. Menschen, die nur ein Sichelzell-Gen haben und ein weiteres gesundes Gen, werden als „Träger“ bezeichnet und erkranken nicht.6 Sie können das veränderte Gen aber an ihre Kinder vererben. Wenn beide Elternteile ein verändertes Gen tragen, besteht eine Wahrscheinlichkeit von 25 %, dass die gemeinsamen Kinder an einer Sichelzellkrankheit leiden. Deshalb gibt es in einer Familie häufig erkrankte Kinder sowie gesunde Geschwister.6
Durch den Gendefekt verändert sich der rote Blutfarbstoff Hämoglobin, er erhält eine neue Eigenschaft. Trägt er keinen Sauerstoff mehr, wird er schlechter löslich und verkettet sich zu langen bündelförmigen Fasern.1
Die roten Blutkörperchen, donut-artig geformte Zellen ohne Zellkern, in denen sich das Hämoglobin befindet, können dadurch eine Sichelform annehmen. Das beschädigt die Blutkörperchen, und sie gehen vorzeitig nach 10–20 Tagen ein (ohne Erkrankung: 120 Tage).6
Das vorzeitige Eingehen der roten Blutkörperchen kann zu einer dauerhaften Blutarmut (chronisch hämolytische Anämie) führen und begünstigt das Auftreten von Gefäßverschlüssen. Ein davon abgeleiteter Akutzustand ist die Sichelzellkrise (vasookklusive Krise).5
Trägt ein Mensch ein verändertes Gen für das Sichelzell-Hämoglobin, scheint ihn das widerstandsfähiger gegen Malaria zu machen.11
Aufgrund des Überlebensvorteils gegenüber Malaria ist die Sichelzellkrankheit am weitesten verbreitet in Afrika südlich der Sahara, in Teilen des Nahen Ostens und in einigen Gebieten des Indischen Subkontinents.12
Weltweit werden jedes Jahr mehr als 300.000 Babys mit einer Sichelzellkrankheit geboren, davon mehr als 75 Prozent in Afrika.12
Weil Menschen aus den Hauptverbreitungsregionen zuwandern, kommt die Sichelzellkrankheit auch in Europa öfters vor. Mittlerweile ist sie die häufigste seltene Erkrankung in Europa.13
Geschätzt leben etwa 164.000 Kinder und Erwachsene mit Sichelzellkrankheit in Europa.24
In Deutschland leben etwa 3.200 Menschen mit der Sichelzellkrankheit. In Deutschland wird 1 von 2.500 Babys mit Sichelzellkrankheit geboren.15
Die Symptome der Sichelzellkrankheit entstehen,
weil zu wenig roter Blutfarbstoff (Hämoglobin) vorhanden ist, um den Körper mit Sauerstoff zu versorgen,
weil Sichelzellen die Blutgefäße beschädigen und verstopfen können,
weil chronische Entzündungen auftreten.
Davon kann jedes Organ betroffen sein. Es können viele verschiedene Beschwerden auftreten.1–5 Doch die Sichelzellkrankheit verläuft bei jedem Menschen ganz individuell:
Manche Menschen haben bis weit in das Erwachsenenalter kaum Beschwerden, bei anderen treten schon früh im Leben schwere Komplikationen auf.3
Erste Krankheitszeichen treten häufig ab dem dritten bis vierten Monat nach der Geburt auf, denn vorher haben Babys noch eine andere Form des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin).2
Im Laufe des Lebens können sich die Symptome der Sichelzellkrankheit verändern
Die Häufigkeit bzw. die Wahrscheinlichkeit bestimmter Komplikationen kann bei Kindern und Erwachsenen verschieden sein.6,16
Gesunde rote Blutkörperchen leben etwa 120 Tage, danach sterben sie ab.6 Sichelzellen haben eine sehr viel kürzere Lebensdauer, sie leben nur 10 bis 20 Tage.6 Das kann dazu führen, dass der Körper nicht genug rote Blutkörperchen und Hämoglobin hat, um alle Gewebe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.7 Diese Blutarmut nennt man auch hämolytische Anämie. Menschen mit einer Sichelzellkrankheit sind lebenslang davon betroffen.2 Die Fatique (extreme Müdigkeit, körperliche und geistige Erschöpfung) ist ein schwerwiegendes und häufiges Symptom der Blutarmut.17,18 Weitere Symptome sind:
Blässe6
Schnelles Ermüden6
Reizbarkeit6
Appetitlosigkeit6
Verzögertes Wachstum6
Vor allem bei Babys und Kleinkindern kann es vorkommen, dass sich plötzlich große Mengen von Blut in der Milz ansammeln.7 Man nennt das Milzsequestration. Die Milz schwillt an und es entsteht eine sehr schwere Blutarmut, die einen Notfall darstellt und sofort behandelt werden muss.7
Deshalb müssen Eltern lernen, wie sie bei ihrem Kind mit Sichelzellkrankheit eine vergrößerte Milz tasten können, es muss dann sofort in ein Krankenhaus.7 Es empfiehlt sich, dazu über 112 den Rettungsdienst zu rufen. Eine solche Milzsequestration kann auch bis ins Erwachsenenalter hinein auftreten.4
Das häufigste Symptom der Sichelzellkrankheit sind Schmerzen.3 Typisch sind regelmäßig wiederkehrende, oft sehr starke Schmerzen.6,9 Werden sie nicht ausreichend behandelt, können sie chronisch werden.3
Sichelzellen sind steifer als gesunde rote Blutkörperchen und weniger elastisch und biegsam.1 Deshalb passen sie nicht so gut durch die kleinsten Blutgefäße.25 Besteht das Blut zu einem großen Anteil aus Sichelzellen, fließt es langsamer, weil die Sichelzellen immer wieder an den Wänden der Blutgefäße hängen bleiben.26 Lösen sich die Sichelzellen auf (Hämolyse), kann es zu chronischen (lang andauernden) Entzündungen der Blutgefäße kommen.26 Außerdem können sich die Sichelzellen aneinanderlagern, miteinander verklumpen und so Blutgefäße verschließen (Gefäßverschluss; Vasookklusion).6 Gewebe und Organe, die über diese Blutgefäße versorgt werden, erhalten nicht mehr genug Sauerstoff und Nährstoffe. Dies führt zu Schmerzen, man spricht von einer vasookklusiven Schmerzkrise.25 Es treten typischerweise regelmäßig wiederkehrende, oft sehr starke Schmerzen auf, vor allem in Armen, Beinen, Rücken, Bauch, Brustkorb und Kopfbereich.6,25 Wenn diese nicht ausreichend behandelt werden, können sie dauerhaft auftreten.3 Daher ist eine sorgfältige, langanhaltende und regelmäßige Behandlung der Sichelzellkrankheit so wichtig.
Das bezeichnet man auch als vasookklusive Schmerzkrise:
Die Sichelzellkrankheit ist eine Erkrankung, die viele Organe im Körper schädigen kann. Die meisten gesundheitlichen Probleme sind Folgen des frühzeitigen, unkontrollierten Zerfalls der roten Blutkörperchen sowie die Steifigkeit der Sichelzellen.
Die Gefäßverschlüsse durch Sichelzellen, die dauerhafte Blutarmut sowie Schmerzkrisen, sind Ursachen für viele Folgeschäden der Sichelzellkrankheit.6 Hinzu kommt, dass das Blut von Menschen mit Sichelzellkrankheit durch die Blutarmut häufig bereits einen niedrigen Sauerstoffgehalt hat.6 Auf Dauer kann das die Gewebe schädigen. Davon können alle Organe betroffen sein, wie etwa Leber, Lunge, Milz, Nieren, Herz, Haut und Augen.3,6
Wird die Sauerstoffversorgung von Gelenken oder Knochen durch verklumpte Sichelzellen ganz blockiert, können sie absterben. Besonders gefährdet sind die Hüftgelenke und die Schultergelenke.9
Menschen mit Sichelzellkrankheit erkranken häufiger und schwerer an Infektionen mit Bakterien oder Viren.16 Denn die Milz, die für die Bekämpfung der Infektionen wichtig ist, kann durch die Sichelzellkrankheit schon sehr früh geschädigt werden.9 Babys und Kinder unter 5 Jahren sind besonders anfällig für lebensbedrohliche Infektionen der Lungen, des Blutes, der Hirnhäute und der Knochen durch Bakterien.6
Für Menschen mit Sichelzellkrankheit gilt, dass Fieber immer ernst zu nehmen ist. Steigt die Körpertemperatur über 38,5 Grad muss jedes Kind unter 5 Jahren stationär im Krankenhaus behandelt werden.16 Ältere Kinder und Erwachsene mit Fieber müssen umgehend ärztlich untersucht werden.
Die Sichelzellkrankheit ist eine chronische Erkrankung. Sie begleitet die Betroffenen das ganze Leben. Darum ist eine andauernde medizinische Betreuung notwendig. Wird die Krankheit früh erkannt und behandelt, erhöht dies die Lebenserwartung.6 Auch vorbeugende Maßnahmen können helfen, das Risiko von Folgeschäden zu senken. Bei guter Betreuung erreichen heute etwa 85 % aller Kinder mit Sichelzellkrankheit das Erwachsenenalter.20
Im Idealfall sollte die Behandlung von einem spezialisierten Behandlungsteam durchgeführt werden, in enger Zusammenarbeit mit Kinderärzt:in oder Hausärzt:in.
Das Ziel ist, die auftretenden Beschwerden zu lindern und möglichen Komplikationen vorzubeugen. Beispielsweise wird empfohlen, dass Kindern bis zum Alter von 5 Jahren vorbeugend Antibiotika erhalten und regelmäßig geimpft werden, um lebensbedrohlichen Infektionen vorzubeugen.3
Seit Oktober 2021 werden in Deutschland, insofern die Eltern zustimmen, alle Neugeborenen im Rahmen des Neugeborenenscreenings auf das Vorliegen der Sichelzellkrankheit getestet.21 Wenn die Krankheit festgestellt wird, kann sofort mit der Behandlung begonnen werden.
Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten, am besten Leitungswasser oder ungesüßte Tees
Rauchen und Alkohol meiden
Nicht im kalten Wasser schwimmen
Auf ausgewogene Ernährung achten
Regelmäßige Impfungen
Schmerzmittel immer greifbar haben
Freund:innen, Nachbar:innen, Kolleg:innen: über die Sichelzellkrankheit informieren. Auch darüber, wie sie im Notfall behilflich sein können
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